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Stress lass nach ... ich gönn´ mir jetzt Entspann(i)en

Und während die einen Bundesländer derzeit im Pfingst-Urlaubsmodus sind, geht in den anderen die erste fast normale Schul- und Arbeitswoche zu Ende. "Fast" deshalb, weil ja gestern noch der Feiertag Fronleichnam war, aber für den Anfang und um den Ball wieder aufzunehmen, reicht ja auch eine 4-Tage-Woche.

 

Ich weiß nicht, wie es Dir geht, aber für mich und unsere Familie fühlte sich diese Woche der vorübergehenden Normalität beinahe wundervoll an. So entspannt, so freudvoll, mit so guter Laune – fast könnte man fragen: Wer braucht da noch Urlaub?

 

Auch eine spannende Erkenntnis, dass unser früher normales Leben sich nach diesem Corona-Jahr fast schon wie Urlaub anfühlt. Was müssen Familien alles geleistet haben, um dies so zu empfinden?

 

Kennst Du das, dass Dir manchmal gar nicht bewusst ist, wie viel Du am Tag erledigst? Vor allem, wenn Du die Dinge so ganz nebenbei machst. Und dennoch sind diese vielen einzelnen kleinen Handlungen zusammen eine enorme Arbeitsleistung! Vielleicht fragst Du Dich sogar manchmal, ob Dir heute eigentlich überhaupt was von der Hand gegangen ist.

 

Doch Fakt ist, dass die allerwenigsten Eltern die Dinge so laufen lassen, den ganzen Tag entspannen und die Kinder sich von alleine erziehen. Dass das Homeoffice nur eine fade Ausrede für Kaffeetrinken und Füße hochlegen ist und wir genug Zeit für unsere eigenen Hobbies und Bedürfnisse haben. Wäre es nicht ganz fantastisch, wenn sich das Haus von selbst aufräumen, das Essen sich von alleine kochen und auch sonst alles nach Mary-Poppins-Art verlaufen würde?

 

Jetzt, wo ein wenig Entspannung in unseren Familien und gesamtgesellschaftlich eingetreten ist, können wir zumindest mal durchatmen. Mal aufatmen. Denn wir haben bislang mehr als ein Jahr im flexiblen Ausnahmemodus verbracht. Und ein Leben im Ausnahmemodus, das wusste die Stressforschung auch schon vor Corona, geht auf Dauer zu Lasten der psychischen und körperlichen Gesundheit – also das, was wir eigentlich gerade in anstrengenden Phasen so nötig hätten!

 

Das wunderbare Thema „Selbstfürsorge“ ist dankeswerterweise durch die besonderen Anforderungen der letzten Monate stark in den Vordergrund gerückt. Denn wir haben gelernt, dass wir den fürsorglichen Umgang mit uns selbst in unseren Alltag integrieren sollten, weil… wer sollte es sonst für uns tun? Irgendwie waren wir ja alle mehr oder weniger auf uns allein gestellt. Und so unmittelbar mit seinen individuellen, ganz eigenen Grenzen und Herausforderungen konfrontiert zu sein, erfordert einen neuen, achtsameren Umgang mit sich selbst, seinen Lieben und seinem Leben an sich.

 

Oft verbinden wir das Thema „Stress“ mit Termindruck und Aufgabenbergen. Doch das allein reicht nicht, damit wir etwas als stressend empfinden. Denn was den einen stresst und unter Druck setzt, spornt den anderen geradezu an und lässt ihn zur Höchstform auflaufen. WAS uns also stresst, ist unsere eigene Bewertung der Dinge. Also die Bewertung, ob wir uns in der Lage sehen, bestimmte Herausforderungen, Aufgaben, Termine usw. zu meistern, ob wir damit ein gutes Gefühl verbinden und wie wir die Phasen dazwischen gestalten! In der Psychologie spricht man hierbei von „Coping“-Strategien.

 

Stress merken wir bei uns immer auf zwei Ebenen: der körperlichen und der gedanklichen Ebene. Dass wir in der Lage sind, auf den empfundenen Stress zu reagieren, liegt in unserer menschlichen Evolutionsgeschichte und ist keinesfalls unsinnig, sondern für jeden von uns lebenserhaltend. Zumindest – und jetzt kommt die alles entscheidende Einschränkung: wenn es um immer wiederkehrende kurzzeitige (!) Stresserlebnisse geht.

 

In der menschlichen Evolution hat nur derjenige überlebt, der adäquat auf stressende (also damals lebensbedrohliche) Ereignisse blitzschnell reagieren konnte. Also in Form von Kampf- oder Fluchtreaktion und dieses körperliche Reaktionsmuster ist uns bis heute erhalten geblieben. Daher ist unsere Wahrnehmung dann höchst konzentriert und aufmerksam und der Körper reagiert mit Herzschlag, Atmung, schwitzen usw. als ob er Sport machen würde. Für kurzfristige Ereignisse also eine super Anpassungsleistung!

 

Der Stress, dem wir in aber unserer heutigen Zeit ausgeliefert sind, ist eher chronischer Natur. Damit haben wir ein großes Problem, denn eine Energiemobilisierung auf Dauer ohne Regenerationsphasen ist schlichtweg unmöglich. Was wir dann unweigerlich merken ist Erschöpfung, unsere Aufmerksamkeit und unser Gedächtnis lassen nach, wir werden gereizt, ziehen uns zurück und haben irgendwann nur noch den berühmten Tunnelblick. Auch der Körper reagiert mit einem Leistungsabfall und wird anfälliger für Krankheiten.

 

Um es kurz zu machen: Stress macht uns nur dann krank, wenn wir ihn als bedrohlich empfinden, er dauerhaft ist und wir uns keine zwischenzeitlichen Regenerationsphasen gönnen. Ähnlich wie bei einem Auto, wenn es nicht betankt und gewartet wird. Oder ähnlich wie beim Leistungssport: der Ausgleich macht´s, die Balance zwischen Anspannung und Entspannung ist entscheidend und genau dafür haben wir zwei Systeme in uns, die wir beide zum Leben brauchen: das Aktivierungssystem (Sympathikus) und das Entspannungssystem (Parasympathikus).

 

Vernachlässigen wir eine Seite, geht es uns nicht gut, unsere Leistungsfähigkeit und unser Wohlbefinden ist eingeschränkt. Es braucht das Zusammenspiel beider, damit wir – auch wenn wir viel zu tun haben – in unserer guten Laune und unserer Vitalität, unserer Leistungsbereitschaft und unserer Gesundheit nicht eingeschränkt sind.

 

Es sind die kleinen Alltagsfreuden zwischendurch, die wir brauchen, die Alltagsschätze jeglicher Art, auf die wir immer wieder unseren Blick werfen dürfen und möglichst jeden Tag ein kleines Stückchen Urlaubsfeeling – trotz allem! – in unseren Alltag integrieren.

 

Das Wochenende steht vor der Tür, eine hervorragende Einladung, die wir annehmen dürfen. Wonach steht Dir der Sinn, was wäre die kommenden Tage optimal für Dich? Aktivierung und Entspannung, beides darf und muss sein, einzig allein auf Deine für Dich passende Mischung kommt es an! Und dann stelle Dir am Ende des Tages eine einzige Frage: was habe ich mir heute Gutes getan?

 

Und mit dieser Frage, auf die Du Dir selbst jeden Abend eine Antwort geben darfst, entlasse ich Dich jetzt in ein sommerliches Wochenende und sende Dir herzliche Grüße,

 

Deine Corinna

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Kommentare: 1
  • #1

    Silvia (Freitag, 04 Juni 2021 18:20)

    Wieder einmal alles auf den Punkt gebracht � Diesen Text sollte ich immer mal wieder lesen...Liebe Grüße und ein schönes Wochenende!